Die Grafikkarte ist dafür verantwortlich, dass auf eurem Bildschirm auch ein Bild erscheint. Daneben ist der wohl am weitesten verbreitete Anwendungszweck die Berechnung und Darstellung von Spielen. Aber auch bei anderen Anwendungen können die Recheneinheiten der Grafikkarte zur Beschleunigung eingesetzt werden. Heute finden sich auf den meisten CPUs bereits integrierte Grafikeinheiten, mit denen man auch schon recht weit kommt. Wann ihr eine extra (dedizierte) Grafikkarte braucht, welche Modelle sinnvoll sind und welches genau ihr kaufen solltet, erfahrt ihr hier.
Brauche ich eine Grafikkarte?
Mit den integrierten Grafikeinheiten (IGP - Integrated Graphics Processor) moderner CPUs kann man eigentlich bis auf das Spielen von Spielen alles tun. Wenn ihr also keine oder nur grafisch sehr einfache (2D-Indie-Games etc.) Spiele spielen wollt und auch ansonsten keine anspruchsvollen Anwendungen verwendet, die stark von einer Grafikbeschleunigung profitieren, dann reicht für euch eine IGP vollkommen aus. Für surfen, Office, Videos anschauen etc. wäre eine dedizierte Grafikkarte dann Geld- und Stromverschwendung.
Daher gibt es nur drei Gründe, eine Grafikkarte zu verbauen. Der erste Grund ist offensichtlich, dass man eine CPU verwendet, die keine Grafikeinheit besitzt und man daher einfach zwingend eine Grafikkarte braucht. Beim Neukauf sollte dieser Fall keine Rolle spielen. Eine CPU ohne Grafikeinheit zu kaufen und dann eine schwache, günstige Grafikkarte einzubauen, die nur ein Ersatz für die nicht vorhandene Grafikeinheit ist, ist ein klarer Fall von schlechter Planung und sollte unbedingt vermieden werden. Der zweite Grund ist der wohl geläufigste. Wenn die Grafikleistung einer IGP nicht ausreicht, dann wird eine dedizierte Grafikkarte benötigt. Für Gaming-Systeme ist eine Grafikkarte daher Pflicht. Zuletzt gibt es noch den etwas selteneren Fall, dass die IGP bestimmte gewünschte Features nicht bietet und deshalb eine Grafikkarte benötigt wird.
Welche Grafikkarten gibt es?
Ähnlich wie im CPU-Markt gibt es hier nur zwei große Chip-Hersteller. Zum Glück ist die Kräfteverteilung am Markt hier aber weitaus weniger ungleichmäßig. Beide Hersteller haben empfehlenswerte Produkte im Angebot. Genauso haben aber auch beide Anbieter Grafikkarten im Angebot, die einfach in keiner Situation wirklich sinnvoll sind. Damit sind primär die Karten im unteren Leistungsbereich gemeint. Diese Karten sind fürs Gaming schlichtweg zu schwach und für die meisten anderen Anwendungen einfach unnötig. Für den geringeren Preis wird meist auf unverhältnismäßig viel Leistung verzichtet und bereits in Gaming-Systemen im niedrigeren Preisbereich lassen sich deutlich stärkere Grafikkarten unterbringen. Bei AMD-Grafikkarten sind Grafikkarten unterhalb einer R9 270X kaum interessant. Bei Nvidia liegt diese Grenze in etwa bei der GTX 950/960.
Neben den Chip-Herstellern gibt es allerdings noch die sogenannten Boardpartner. Diese kaufen die Chips von Nvidia oder AMD und verbauen sie auf ihren Grafikkarten. Diese unterscheiden sich untereinander dann oft in den eingestellten Taktraten, der Anordnung der Komponenten auf der Karte und, wohl am wichtigsten, beim Kühlsystem. Beim Kühlsystem gilt es einen Kompromiss aus Kühlleistung und Lautstärke zu finden. Größere Kühlkörper bieten dabei meist mehr Kühlleistung und kommen daher mit weniger Belüftung, also langsam drehenden Lüftern und somit weniger Lautstärke aus. Sie nehmen dafür mehr Platz ein und sind meist etwas teurer. Außerdem sind die Boardpartner diejenigen, die die Garantien auf die Karten anbieten. Garantiedauer und Bedingungen können also auch einen beim Kauf zu berücksichtigenden Punkt darstellen.
Bezüglich der verfügbaren Features sind die aktuellen Nvidia-Grafikkarten der 900er-Reihe allgemein moderner ausgestattet, denn bei einem Großteil der aktuellen AMD-Grafikkarten handelt es sich um ältere Grafikchips, die mit leichten Verbesserungen weiterverwendet wurden. So zum Beispiel beherrschen alle aktuellen Nvidia-Karten HDMI2.0, was benötigt wird, um in 4K-Auflösung Bildraten von über 30Hz über HDMI wiederzugeben. Das klingt zunächst nicht besonders interessant, ist aber für High-End-Gaming und Multimedia durchaus wichtig. Leider bieten nicht einmal die nagelneuen AMD-Fury und Nano Modelle HDMI2.0, sodass bei AMD dieses Feature prinzipiell nicht zur Verfügung steht. Aktuelle Karten bieten meist 3 Anschlussmöglichkeiten. Der "alte" DVI-Anschluss ist meist noch vorhanden, wird aber langsam abgelöst. Die beiden anderen Kandidaten sind weitaus moderner. Die aktuell wohl beste Möglichkeit des Anschlusses ist DisplayPort. Er unterstützt alle gängigen Auflösungen auch mit hohen Bildraten. Das einzige Problem an DisplayPort ist praktisch, dass nicht alle Monitore und Fernseher einen solchen Eingang anbieten. Gerade bei Fernsehern ist das ärgerlich, denn es gibt tatsächlich nur eine einzige Produktreihe, die von Panasonic kommt und 6 Geräte umfasst, die DisplayPort bietet. Wer also eine aktuelle AMD-Karte kauft und 4K-Inhalte mit mehr als 30Hz/FPS wiedergeben will, der braucht entweder eins dieser 6 Geräte oder einen teuren, nur sehr schwer zu findenden aktiven Adapter für DisplayPort 1.2 zu HDMI 2.0. Solche Adapter sind zur Zeit noch schwierig zu bekommen. Leider wird auch oft angegeben, dass Adapter 4K/60Hz unterstützen, sie tun dies aber dann doch nicht. Auch Intels und AMDs in CPUs integrierte Grafikeinheiten unterstützen zunächst kein HDMI 2.0. Es gibt zwar Mainboards, die einen zusätzlichen Chip mit an Bord haben, der über eine Umwandlung des DisplayPort-Signals HDMI 2.0 ermöglicht, allerdings finden sich diese Chips aktuell nur auf sehr teuren High-End-Boards, auf denen in den allermeisten Fällen die IGP dann sowieso nicht genutzt wird. Wie man sieht, gibt es auf dem Hardware-Markt durchaus viel Unsinn, was sich gerade bei der Verbreitung neuer Standards bemerkbar macht.
Ein weiteres Feature, das für Multimedia-PCs interessant ist, ist HDCP 2.2. Hier wird es noch hässlicher als bei HDMI 2.0, denn HDCP 2.0 bieten tatsächlich nur Nvidias GTX 950 und GTX 960. Die teureren, stärkeren Modelle bieten dies wiederum nicht mehr. HDCP steht für High-Bandwidth Digital Content Protection und stellt einen Kopierschutz für Medien dar. Für die Wiedergabe von 4K-BluRays beispielsweise ist HDCP 2.2 zwingend notwendig. Aber auch andere hochauflösende Inhalte wie Streams und Downloads können in Zukunft HDCP 2.2 erfordern. Wer mit seinem Multimedia-PC in Zukunft auch UHD-BluRays und andere HDCP 2.2-Inhalte in voller Pracht (unterstützt ein Gerät kein HDCP 2.2, so wird die Auflösung reduziert) abspielen will, der kommt aktuell leider nicht um eine der beiden Karten herum. Blöd: Beide bieten keine besonders hohe Gaming-Leistung, sind für reine Multimedia-Inhalte aber eigentlich doch schon wieder zu stark.
Eine kurze Übersicht der aktuell verfügbaren Grafikkarten kann der folgenden Tabelle entnommen werden. Die Preisangaben beziehen sich auf aktuelle Bestpreise für gute Modelle der Boardpartner. Die Angabe der Leistung ist als grobe Schätzung der durchschnittlichen Leistung in FHD (1920x1080) zu verstehen, die aus verschiedenen ausführlichen Online-Tests zusammengetragen wurde. Da mit Spiel, Auflösung und diversen weiteren Faktoren die Leistung stark schwanken kann, ist es praktisch unmöglich, eine allgemeingültige Leistungsangabe anzugeben. Dabei wurde die GTX 950 als schwächste der aktuell erhältlichen Gaming-Karten als Referenz (100%) verwendet und die Leistung der anderen Karten im Vergleich zu dieser angegeben. ACHTUNG Mathematik: Steht bei Karte X z.B. 150% und bei Karte Y 200%, so bedeutet das nicht, dass Karte Y 50% schneller ist als Karte X. Sie ist vielmehr "eine halbe GTX 950 schneller" und damit ca. 33% schneller.
Was für eine Grafikkarte brauche ich?
Fürs Gaming gilt allgemein, dass Grafikleistung das wichtigste am ganzen System ist. Daher ist es sinnvoll, eine möglichst starke Grafikkarte im Budget unterzubringen. Was ihr braucht, hängt demnach von der Herangehensweise ab. Wenn ihr einfach nur einen Rechner wollt, mit dem ihr jetzt und in Zukunft spielen wollt, dann setzt euch ein Budget und holt dabei so viel Grafikleistung ins Boot, wie ihr könnt. Anders sieht es aus, wenn ihr von Anfang an ein bestimmtes Ziel habt. Wollt ihr zum Beispiel primär ein bestimmtes Spiel spielen, dann kann es sinnvoll sein, gezielt für dieses zu kaufen. Dabei solltet ihr folgende Fragen klären:
- Hat mein Spiel eine Vorliebe für einen Hersteller? Manche Spiele laufen auf AMD-Karten besser als auf Nvidia-Karten oder andersherum. Manchmal gilt das sogar innerhalb eines Herstellers für verschiedene Chips.
- Ist mein Spiel ein Speicherfresser? Manche Spiele verschlingen Grafikspeicher geradezu. Manche tun das allerdings auch nur auf dem Papier und belegen zwar viel Speicher, laufen aber nicht schlechter, wenn weniger zur Verfügung steht.
- In welcher Auflösung will ich das Spiel spielen? Allgemein bedeutet eine größere Auflösung, dass ihr mehr, teilweise sogar viel mehr, Leistung braucht.
- Mit welchen Einstellungen will ich spielen? Manchen Spielern reicht es vollkommen aus, wenn das Spiel läuft. Für andere ist wiederum alles unterhalb der maximalen Grafikeinstellungen inakzeptabel. Einstellungen wie DSR (AMD) und VSR (NVidia) sind z.B. Downsampling verfahren, die extrem viel Leistung benötigen, da sie das Spiel in einer höheren Auflösung berechnen und anschließen wieder auf die Auflösung des Bildschirm herunter rechnen.
- Mit wie vielen FPS (Bilder pro Sekunde) will ich spielen? Allgemein nimmt das Auge so grob ab 30 FPS Bewegungen als flüssig war. Filme z.B. sind oft sogar nur in 24 FPS aufgenommen. Allerdings ist der Effekt höherer Bildraten durchaus wahrnehmbar und für manche Spieler unabdingbar. Für mehr FPS braucht ihr mehr Leistung. Wie viele FPS ihr mit eurer Grafikkarte schafft, hängt von den anderen bereits genannten Punkten und dem Spiel ab. Wichtig sind dabei nicht nur die durchschnittlichen FPS, sondern auch die minimalen. Denn wenn die FPS regelmäßig einbrechen und das Spiel merklich ruckelt, dann bringen auch hohe durchschnittliche Werte nicht viel. Ebenfalls wichtig ist die Bildfrequenz eures Monitors. Habt ihr einen Monitor mit 120Hz oder 144Hz, dann habt ihr recht wenig davon, wenn eure Grafikkarte ohnehin nur viel weniger Bilder pro Sekunde liefert.
Empfehlungen
~160€: R9 270X
Klar schneller als die Nvidia-Konkurrenz im Preissegment. Alternativ GTX 950 wegen modernem Multimedia.
~210€: GTX 960
Da die R9 280X mittlerweile schlecht verfügbar ist und nicht mehr empfohlen werden kann, stellt sich hier beim Neukauf die Frage zwischen GTX 960 und R9 380. Bei beiden ist der Aufpreis auf 4GB Speicher mittlerweile gesunken, sodass hier bei beiden Karten die 4GB-Varianten empfohlen werden. Insgesamt bietet die GTX 960 das rundere Paket, insbesondere durch den deutlich geringeren Stromverbrauch und die modernen Multimedia-Features (HDMI 2.0 und HDCP 2.2) bei sehr ähnlicher Leistung und Preis. Im Bereich von 250-300€ wird hoffentlich bald frischer Wind mit einer GTX 960Ti wehen. Die aktuelle Situation bei Gaming-Grafikkarten im Bereich unterhalb von 300€ ist leider alles andere als zufriedenstellend. Die Karten bieten alle eher wenig Leistung, es gibt jedoch einfach keine besseren Alternativen. Die hier herbeigewünschte R9 380X hat leider mit viel zu wenig Leistungsplus zur R9 380 stark enttäuscht. Sie bietet die Leistung einer R9 280X, die man schon vor gut 2 Jahren kaufen konnte. Zum selben Preis wohlgemerkt. Geht man noch weiter zurück, stellt man fest, dass die R9 280X bereits nur eine HD 7970mit neuem Aufkleber war. Die Leistung, die man mit der 380X kauft, ist also sogar gute 3,5 Jahre alt. Im Hinblick auf die Leistungsaufnahme konnte im Vergleich zur 280X zwar eine leichte Verbesserung erzielt werden, dennoch verbraucht die Karte z.B. mehr als das doppelte einer nicht so viel langsameren GTX 960. Der Aufpreis von (je nach Modell) 35-50€ ist daher zwar nicht so besonders groß, der Gegenwert aber so gering, dass die R9 380 4GB aus Preis/Leistungssicht klar besser ist. In diesem Preisbereich fällt die Entscheidung also auf R9 380 oder GTX 960 mit jeweils 4GB. Wer mehr Leistung will, dem sei die nächste Preisklasse (R9 390) empfohlen. Hier ist zwar auch der Aufpreis höher, aber genauso der Leistungszuwachs deutlich stärker.
~330€: R9 390
Die R9 390 erhält hier den Vorzug gegenüber der GTX 970, da das Gesamtpaket besser ist und die empfehlenswerten Modelle der R9 390 einen nicht unerheblichen Preisvorteil gegenüber den empfehlenswerten Modellen der GTX 970 bieten.
ab 650€: GTX 980 Ti
In diesem Preisbereich tummeln sich die GTX 980Ti, sowie AMDs R9 Fury und R9 Nano. Hierbei ist die R9 Nano prinzipiell nur sinnvoll, wenn die extrem kompakten Abmessungen auch wirklich zwingend benötigt werden. Selbst in sehr kleine Gehäuse passen meist auch deutlich größere Karten, die die Leistung der R9 Nano für deutlich weniger Geld bieten (z.B. GTX 980 für gut 150€ weniger). Die Empfehlung sichert sich über das eindeutig beste Gesamtpaket hier die GTX 980Ti. Die Fury X bietet zwar eine Wasserkühlung, dieser ist aber auch nicht leiser als die Luftkühler guter 980Ti und die niedrigeren Temperaturen bringen wenig, da die Fury X erstens wegen des HBM-Speichers auf dem Chip weniger Hitze verträgt und sie zweitens ohnehin nicht übertaktbar ist.